Forderungen
PiA – Das sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung
Seit 2011 kämpfen engagierte PiA deutschlandweit für gerechte Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Mit zahlreichen Aktionen haben wir öffentlichkeitswirksam auf die prekären Verhältnisse in unserem Berufsstand aufmerksam gemacht:
- wenig bis gar keine Vergütung der praktischen Tätigkeit in Kliniken und der praktischen Ausbildung in Instituten
- fehlender sozialrechtlicher Status von PiA
- unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung
- fehlende demokratische Strukturen an Ausbildungsinstituten und ungenügende Transparenz bei den Ausbildungskosten
- unzureichende Qualitätssicherung der Ausbildung
- fehlende Einblicke in die Verfahrens- und Berufsvielfalt
Wir fordern daher:
- Qualifikationsgerechte Bezahlung unserer Arbeit!
- Klärung des sozialrechtlichen Status von PiA!
- Einheitliche Zugangsvoraussetzungen: bundesweit auf Master-Niveau!
- Mitbestimmungsrechte für PiA und Kostentransparenz in Ausbildungsinstituten!
- Supervision während der gesamten Ausbildung!
- mehr Einrichtungen in der Anerkennung für die PT2
STOPP: PiA nicht vergessen!
Im Januar 2019 wurde endlich der Gesetzesentwurf für die Ausbildungsreform veröffentlicht. Leider fehlt bisher eine verbindliche Übergangsregelung – das bedeutet weitere 20 Jahre prekäre Arbeits- und Ausbildungsbedingungen für tausende von PiA. Das ist nicht hinnehmbar!
1.Qualifikationsgerechte Vergütung
Die Praktische Tätigkeit:
Anna arbeitet in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie mit öffentlichem Versorgungsauftrag. Sie leistet dort die 1.200 Stunden ihrer Praktische Tätigkeit 1, die gesetzlich durch das PsychThG vorgeschrieben sind. In der Klinik leitet sie Gruppentherapien und führt Einzelgespräche mit Patienten und Patientinnen. Trotz ihrer regulären therapeutischen Tätigkeit verdient sie nicht einmal den Mindestlohn – auf Grund einer Gesetzeslücke und zugunsten der Profite von Klinikkonzernen.
Unsere Arbeit muss angemessen vergütet werden! Wir PiA fordern deshalb eine tarifliche Bezahlung in Anlehnung an den Tarifvertrag für Assistenzärzte. PiA müssen als eigenständige Berufsgruppe im Stellen- und Budgetplan der Kliniken (PsychPV) berücksichtigt und eingeplant werden. Die Tätigkeiten der PiA sind auch mit Blick auf die abgeschlossene akademische Ausbildung leistungsgerecht zu bezahlen, denn PiA haben einen akademischen Abschluss.
Die Ambulanten Behandlungsstunden:
Nach den 1.800 Stunden der Praktischen Tätigkeit muss Anna 600 Stunden ambulante Psychotherapie leisten. Diese macht sie in ihrem Ausbildungsinstitut. Hierfür erhält sie im Schnitt nur 40€ der etwa 90 €, die die Krankenkasse dafür zahlt. Die andere Hälfte behält das Ausbildungsinstitut für „Verwaltungskosten und Raummiete“ ein.
Wir fordern die Bezahlung der Therapiestunden abzüglich der tatsächlichen Kosten für Verwaltung und Raummiete! PiA zahlen bereits vor der Praktischen Ausbildung mit einem regelmäßigen Monatsbeitrag (oft 400€ oder mehr) Gebühren für Theorieseminare, Selbsterfahrung und Supervision. Indem sie nun während der Ambulanzzeit nochmal 50% ihres Gehalts für Verwaltung und Raummiete abgeben müssen, entsteht unserer Meinung nach eine Mehrfachbelastung – zugunsten der (oft) kommerziell arbeitenden Ausbildungsinstitute.
2. Klärung des sozialrechtlichen Status
Trotz seines Uniabschlusses wird Max in seiner Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie wie ein Praktikant behandelt: ohne Vergütung, ohne Arbeitnehmerrechte und ohne geregelte Anleitung auf seiner Station.
Wir fordern eine vorläufige Behandlungserlaubnis ab Tag 1 unserer Ausbildung, denn dies entspricht unserer Arbeitsrealität. Wir fordern neben der qualifikationsangemessenen Bezahlung einen klaren sozialrechtlichen Status für PiA – mit allen Arbeitnehmerrechten wie Tarifbindung, Urlaubsregelungen, Kündigungsschutz und Einarbeitung! Wir fordern sowohl von Kliniken als auch von Ausbildungsinstituten ein nachvollziehbares und der Arbeitsrealität entsprechendes Konzept der Ausbildung und nicht der Ausbeutung.
3. Einheitliche Zugangsvoraussetzungen: bundesweit auf Master-Niveau
Ramona hatte Glück und konnte mit ihrer 1,3-Abiturnote einen der begehrten Studienplätze in Psychologie ergattern. Nach einem ebenfalls sehr guten Bachelor-Abschluss hat sie ihren Master in Klinischer Psychologie abgeschlossen. Nun macht sie die Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin. Marie hat einen Bachelor in Sozialpädagogik an einer Fachhochschule gemacht und anschließend berufsbegleitend an einer privaten Hochschule im Fernstudium den Master in Psychologie nachgemacht. Auch sie wurde an einem Ausbildungsinstitut angenommen und wird jetzt Psychologische Psychotherapeutin.
Im Rahmen des Bologna-Prozesses fiel der alte Diplom-Abschluss weg. Im aktuellen Psychotherapeutengesetz gibt es aber noch keine Regelungen zum Bachelor und Master, sodass die privat wirtschaftenden Ausbildungsinstitute viele Freiheiten bei der Auswahl ihrer Ausbildungskandidaten genießen. Hier widersprechen sich unserer Meinung nach das ökonomische Interesse der Institute auf der einen Seite und die Qualitätssicherung unserer Arbeit auf der anderen Seite. Das darf nicht sein! Im Interesse der Chancengleichheit und Transparenz müssen für alle die gleichen Zugangsvoraussetzungen gelten – und zwar das Master-Niveau in Psychologie oder (Sozial-)Pädagogik deutschlandweit!
4. Mitbestimmungsrechte für PiA und Kostentransparenz in Ausbildungsinstituten!
Paula zahlt monatlich 400€ an ihr Ausbildungsinstitut – für Seminare, Supervision und die Selbsterfahrung. Darüber hinaus behält das Institut 50% ihrer Ambulanzvergütung für Raummiete und Verwaltungskosten ein. Das sind im Laufe ihrer Ausbildung fast 50.000€! Trotzdem gibt es in ihrem Institut kein Mitbestimmungsrecht für Ausbildungskandidaten. Auch Entscheidungen, die direkten Einfluss auf die Arbeits- und Lernbedingungen der PiA haben, werden ohne ihre Mitsprache getroffen: die Auswahl der Dozenten und Lehrveranstaltungen, die Ausstattung der Ambulanzräume, Honorarerhöhungen für Supervisoren oder die Anschaffung neuer Computer.
PiA finanzieren mit ihrem Einkommen die Ausbildungsinstitute zu 100%. Dafür fordern wir ein faires, demokratisches Mitspracherecht! Wir wollen Jahrgangs- und Kandidatensprecher in allen Instituten, die wirklich mitreden dürfen! Wir fordern eine echte Beteiligung der PiA an allen ausbildungsrelevanten Entscheidungen! Außerdem fordern wir endlich eine Offenlegung der Finanzen. Es gibt große Ausbildungsinstitute mit mehreren hundert PiA – das sind hunderttausende Euro Jahresumsatz. Wir wollen wissen, wo und wie unsere Ausbildungsgebühren investiert werden!
5. Supervision während der gesamten Ausbildung
Gerade zu Beginn ihrer Ausbildung steht Simon mit der Verantwortung auf seiner Station für 30 Patientinnen und Patienten alleine da. In seiner Klinik mangelt es an Zeit und Willen für ausreichende Supervision. Verbindliche Regelungen gibt es sowieso nicht. Oft schieben die Ausbildungsinstitute die Verantwortung den Kliniken zu und umgekehrt. Simon hilft das wenig.
Wir fordern, dass sich die Supervision über die gesamte Ausbildung im Verhältnis 1:4 erstreckt, das heißt dass PiA Anspruch auf eine Supervisionsstunde je vier geleisteter Einzel- bzw. Gruppentherapiestunden. Im klinischen Alltag ist eine engmaschige Supervision nicht nur Voraussetzung, um die Patientensicherheit zu gewährleisten, sondern sie ist auch eine Maßnahme des Arbeitsschutzes und dient damit der Vermeidung berufsbedingter Belastungserscheinungen. Die Supervision kann nur durch approbierte Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen oder Fachärzte erfolgen, denn von ihnen wollen wir lernen. In Kliniken und Kooperationseinrichtungen für die Praktische Tätigkeit müssen dazu approbierte Kolleginnen und Kollegen in ausreichender Zahl tätig sein, um den Ausbildungscharakter zu gewährleisten.
6. Mehr Einrichtungen in der Anerkennung für die PT2
Lena hat ihre Praktische Tätigkeit in einer psychiatrischen Klinik gemacht und später die 600 ambulanten Stunden in ihrem Ausbildungsinstitut abgeleistet. Nach der Approbation arbeitet sie jedoch selbstständig als Gutachterin für das Familiengericht und betreut Jugendliche mit chronischen psychischen Erkrankungen in einem Berufsförderwerk.
Nach der Psychotherapie-Ausbildung stehen uns zahlreiche Berufsfelder offen, nicht nur der „klassische“ psychiatrisch-psychotherapeutische Bereich. Leider ist es nur in den wenigsten Instituten möglich, schon während der Praktischen Tätigkeit Einblicke in Komplementärfächer oder angrenzende Berufsfelder zu bekommen. Wir fordern deshalb eine Öffnung der Anerkennung von Institutionen und Einrichtungen für die Praktische Tätigkeit 2 weit über die Psychosomatik hinaus! Wir wollen einen breiten Einblick in Karrierechancen bekommen und vielfältige Berufswege praktisch erleben! Wir wollen die Versorgung von Menschen mit seelischem Leiden in allen Lebensbereichen kennenlernen!
Außerdem wird bereits an vielen Universitäten einseitig stark die Verhaltenstherapie gelehrt. Das soll sich in der Ausbildung ändern! Wir wollen alle wissenschaftlich anerkannten Verfahren gleichermaßen kennenlernen und selbst entscheiden, was zu uns passt.
Flashmob gegen den Stillstand:
Reform des Psychotherapeutengesetztes JETZT!
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